Wir werden Wege über den Berg finden | Hockey Club Davos

News - Wir werden Wege über den Berg finden

Mit Josh Holden hat der HCD vor einem Jahr ein Greenhorn als Headcoach verpflichtet. Im Interview spricht der 46-Jährige über seinen wahr gewordenen Traum, seine Leidenschaft, seine „interessante“ Saison und weshalb die Playoff-Viertelfinals für den HCD künftig nicht mehr Endstation sein sollen.

Josh Holden, seit einem Jahr sind Sie Headcoach. Würde für Sie damit ein Traum wahr?
Josh Holden: Absolut! Als ich drei Jahre alt war, kam mein Vater von der Arbeit nach Hause. Er brachte ein Paar Schlittschuhe mit, die ihm ein Freund für mich gegeben hatte. Seither liebe ich das Eishockey. Nach meiner langen Spielerkarriere stellte sich mir die Frage, ob ich künftig als Skill-Coach, Video-Coach, Sportchef, in der Eishockeyadministration oder im Coaching tätig sein soll. Beim EV Zug erhielt ich die Möglichkeit, als Assistent von Dan Tangnes zu arbeiten. Bei ihm fand ich meine neue Leidenschaft fürs Eishockey. Der Unterschied zwischen Spielen und Coachen ist riesig. Als mich der HCD vor einem Jahr anfragte, als Headcoach zu wirken, war das für mich eine super Chance, aber auch eine super Herausforderung. Jetzt ist klar: ich bin super happy!

Man spürt es: Headcoach ist für Sie kein Job, das ist Leidenschaft. Was fasziniert Sie daran?
(Überlegt) Primär will ich den Spielern helfen. Aber klar ist auch, dass wir zusammen gewinnen und immer besser werden wollen. Ich geniesse es wirklich, mit den Spielern und dem ganzen Team zu arbeiten und ihnen etwas mitzugeben, damit sie erfolgreich sein können. Sei es, dass sie sich in einem Shift verbessern, dann in einem Spieldrittel und schliesslich in einem ganzen Match. Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, wie sie die Videoanalysen in der Kabine aufnehmen und dann auf dem Eis umsetzen.

Wir hart war Ihre erste Saison als Headcoach?
Sie war interessant. Der Start war nicht einfach. Als wir mit dem Eistraining begannen, wartete viel Arbeit auf uns. Ich brachte meine eigene Eishockeyphilosophie mit, meine eigenen Vorstellungen von Spiel und Taktik. Es erforderte logischerweise Zeit, bis die Automatismen griffen. Die Wende kam vor Weihnachten. Ich erinnere mich: Vor dem Spiel in Rapperswil gab ich auf dem Hockeysender „MySports“ ein Interview. Da sagte ich: „Ich bin überzeugt, dass ab jetzt unser Comeback folgt.“ Wir gewannen jene Partie mit 5:1, danach den Spengler Cup, und dann machte es auch in der Meisterschaft bum, bum. In den letzten 20 Partien der Regular Season waren wir die Nummer 1 in der Liga.

Hatten Sie einen derartigen Aufschwung erwartet?
Es war schon eine verrückte, aber lehrreiche Erfahrung. Einfach war das nicht. Wir arbeiteten in jedem Training wirklich hart; die Spieler fanden dazu einen guten Weg. Und die Klubführung vertraute mir und meinem Staff. Ich hielt an meinem Konzept fest, auch wenn die erhofften Punkte in den Spielen zunächst ausblieben. Das zahlte sich aus.

Bekamen Sie nie Selbstzweifel?
Nein. Ich glaubte an das, was ich gelernt hatte und was wir taten. Ich war von unserem Weg überzeugt und hielt beharrlich daran fest. Als Coach musst du die richtige Balance finden: wann richtig puschen und wann die Zügel etwas weniger hart führen.

Mit dem Sieg am Spengler Cup und der direkten Playoff-Qualifikation mit Platz 6 am Ende der Reguar Season haben Sie zwei wahrlich nicht einfache Saisonziele des HCD verwirklicht. Im Playoff-Viertelfinal kam dann aber das Saisonende gegen Lausanne.
Wir erwarteten eine enge Serie und planten deshalb für sieben Spiele. Mit der Verlängerung in der ersten Partie spielten wir total 22 Drittel. Das waren wie kleine Kämpfe im Krieg. Gewannen wir genug Kämpfe, um uns eine Chance zu geben? Ich meine: ja. In einigen Spielen, gerade in den letzten, fehlte uns die Effizienz. Dieses Mal hat es nicht über den Berg gereicht. Wir analysieren diese Saison nun und werden entsprechende Korrekturen vornehmen. Und wenn wir wieder in eine solche Situation kommen, werden wir den Weg über den Berg finden.

Hatten Sie schlaflose Nächte?
Playoff-Zeit ist heavy. Da gibt es immer viel Arbeit. Man spielt auf einem hohen Niveau. Die Spiele sind extrem kompetitiv, und sie folgen sich im 2-Tage-Rhythmus. Ja, viel Zeit zum Schlafen hatte ich nicht wirklich.

Gibt es Aspekte, die Sie in Ihrem Spielsystem aufgrund Ihrer neuen Erfahrungen als Headcoach ändern möchten?
Ja. Gegen diverse Gegner war unser System gut und erfolgreich. Andere Teams verstanden es besser, sich dagegen zu stellen. Als Coach ist es nun meine Aufgabe, weitere Wege auszudenken. Je mehr taktische Varianten wir haben, umso schwieriger wird es für die Gegner, sich auf den HCD einzustellen. In dieser ersten Saison schufen wir eine Basis, auf der sich aufbauen lässt.

Interview: Hansruedi Camenisch / Davoser Zeitung    Foto: Maurice Parrée

Wege über den Berg finden

09.04.2024 10:00