
Der verrückteste Tag des Tomas Jurco
29.9.2023, 11:00
Der HCD hat temporär bis 1. November den 30-jährigen Stürmer Tomas Jurco verpflichtet. Bei seinem Debüt setzte der slowakische Internationale am Dienstagabend beim 7:2-Heimsieg gegen Schweizer Meister Genf-Servette noch keine grossen Akzente. Das wäre am Ende der verrücktesten 24 Stunden in Jurcos Leben aber auch gar verrückt gewesen.
Eishockey gilt als schnellste Mannschaftssportart. Manchmal geht „die Post“ auch neben dem Eis richtig ab. So geschehen im Fall von Tomas Jurco. Am Montagabend um 21 Uhr erteilte der 30-Jährige dem HCD seine Zusage. Nach einer fast schlaflosen Nacht („Ich war zu aufgeregt“, so Jurco) liess er sich um 4 Uhr in der Früh an den Flughafen in seiner ganz im Osten der Slowakei gelegenen Heimatstadt Kosice an den Flughafen chauffieren. Via Wien landete er in Zürich-Kloten, wo er vom HCD abgeholt wurde. Eigentlich habe er gehofft, im Auto etwa schlafen zu können, erzählt Jurco am späten Dienstagabend in den Katakomben des Davoser Eispalastes. „Doch die Aussicht war zu schön, und dann kamen die vielen Kurven. Es war fast wie im Märchen.“ Jurco ist sich sicher, „dass diese Bergwelt meiner Verlobten auch gefallen würde.“ Weil alles so schnell ging, musste er seine Liebste zuhause zurücklassen. „Vielleicht hat sich noch gar nicht gemerkt, dass ich weg bin“, meint er mit einem Grinsen im Gesicht.
Gegen 13 Uhr kam Jurco an seinem neuen Wirkungsort an. Das Mittags-Aufwärmtraining des HCD für die Partie gegen Servette war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Jurco verpflegte sich, worauf er sich am Nachmittag im Hotelzimmer ausruhte. Um 17.10 traf seine Spiellizenz von der National League beim HCD ein. Vor dem Match begrüsste Jurco in der Davoser Kabine seine neuen Teamgefährten, worauf der sich in seinem Eishockeymontur stürzte und erstmals das blau-gelbe HCD-Dress überstreifte. Um 20.17 Uhr verzeichnete der Slowake in der dritten Sturmreihe an der Seite von Raphael Prassl und Marc Wieser als linker Flügel seinen ersten Einsatz für den HCD im Heimspiel gegen Genf-Servette. „Das waren die verrücktesten 24 Stunden in meinem Leben“, stellt er nach dem 7:2-Heimsieg gegen Schweizer Meister Genf-Servette fest
Olympia-Bronze in Peking
Dabei hat der slowakische Eishockeyprofi wahrlich schon einiges erlebt. 2011 wurde Jurco im NHL-Draft in der zweiten Runde von den Detroit Red Wings gezogen. Für Detroit, die Chicago Blackhawks, die Edmonton Oilers und die Vegas Golden Knights bestritt der 1,88 Meter grosse und 85 Kilogramm schwere Stürmer zwischen 2013 und 2021 insgesamt 231 Partien in der NHL. Weiter erzielte er in 266 AHL-Spielen 87 Tore. Die beiden letzten Saison spielte Jurco in der KHL, zunächst für Barys Nur-Sultan in der kasachischen Hauptstadt, die vergangene für die Kunlun Red Stars Peking. Für sein Heimatland trat der gross gewachsene Stürmer an drei Weltmeisterschaften sowie zwei Mal an Olympischen Winterspielen mit dem Olympia-Bronzegewinn 2022 als Höhepunkt an.
„Eine einfache Entscheidung“
Weil beim HCD seit Saisonbeginn verschiedene Leistungsträger verletzungsbedingt fehlen, suchte Jan Alston einen Spieler, der der Mannschaft kurzfristig aushelfen kann und gleichzeitig für das aktuelle Kader eine Verstärkung ist. Der HCD-GM konnte Jurco überzeugen, mit einem (vorerst) zeitlich limitierten Vertrag nach Davos zu kommen. Der Slowake unterschrieb bis 1. November mit der Möglichkeit, je nach Verletzten-Situation beim HCD und seinen eigenen Leistungen auch danach zu bleiben. Er hielt sich zuletzt zuhause in Kosice fit.
Verschiedene Angebote aus der KHL lehnte Jurco in letzter Zeit ab. Nicht lange zögerte er hingegen bei der Anfrage des HCD. „Als mein Agent mir sagte, dass Davos einen Spieler suche, war das eine einfache Entscheidung für mich“, bemerkt der Slowake. „Der HCD ist in Eishockey ein grosser Name in Europa und auf der Welt. Man kennt ihn mit seinem schönen Stadion vom Spengler Cup her aus dem Fernsehen. Ja, Davos ist eine grosse Eishockeystadt.“
13:17 Minuten Eiszeit beim Blitz-Debüt
Genau so wenig zögerte Jurco trotz der Reisestrapazen, noch am gleichen Abend und ohne auch nur eine Minute gemeinsames Training, sein Debüt für den HCD zu geben. „Unter den gegebenen Umständen war das für mich im neuen Umfeld etwas knifflig, doch ich brauche Spielpraxis“, meint Jurco. „Ich versuchte einfach zu spielen, hart zu arbeiten und am Puck keine Fehler zu machen.“ Während insgesamt 13 Minuten und 17 Sekunden Eiszeit deutete der Slowake in verschiedenen Szenen sein offensives Potenzial an. „Es war ein gutes Spiel. 7:2 ist ein grossartiges Resultat. Ich hätte keinen besseren Einstand in Davos haben können“, lautet nach dem Kantersieg gegen Genf-Servette sein Fazit. Die Entscheidung führte der HCD im Mitteldrittel herbei, als er nach einem 1:2-Rückstand einen komfortablen 5:2-Vorsprung herausschoss.
Bis zur nächsten Meisterschaftspartie am Samstagabend in Ambri erhält Jurco nun etwas Zeit, um sich mit dem Gameplan des HCD und seinen neuen Teamgefährten wenigstens ein bisschen vertraut zu machen. Sein nächstes Heimspiel bestreitet er mit Davos am Sonntagnachmittag um 15.45 Uhr gegen den HC Lausanne, der stark in die neue Saison gestartet ist.
Quelle: Hansruedi Camenisch / Davoser Zeitung Foto: Maurice Parrée