Gross «Der Gegner spielt für mich keine Rolle»

14.3.2025, 10:00

HCD-Verteidiger Nico Gross weiss, wie man Schweizer Meister wird. Zwei Mal hat der Engadiner die Trophäe mit dem EV Zug in die Höhe gestemmt. Ab heute tritt der 25-Jährige erstmals mit Davos in einer Playoff-Serie gegen seinen früheren Klub an.

 

Artikel aus der Davoser Zeitung (14.03.25)

 

Im Frühling des vergangenen Jahres wechselte Nico Gross vom EV Zug zum HC Davos. Mit den Innerschweizern war er 2021 und 2022 Schweizer Meister geworden. Jetzt steht der gebürtige Oberengadiner vor seinen ersten Playoffs gegen seine früheren Teamkollegen. «Das wird speziell. Ich kenne in der Innerschweiz viele Leute, nicht nur beim EVZ. Mein Ehrgeiz ist fast noch grösser als sonst, ausgerechnet gegen den Ex-Verein und gegen Kollegen, die ich gut kenne, zu gewinnen», sagt der HCD-Verteidiger. Zurzeit herrscht zwischen Gross und seinen früheren Zuger Teamkollegen Funkstille. «Übers Jahr hatten wir ab und zu Kontakt, nicht regelmässig, aber in den letzten Tagen gar keinen mehr. Das wird während der Playoff-Serie so bleiben. Nachher kann man wieder miteinander reden und etwas unternehmen», so der HCD-Spieler. Während EVZ-Stürmer Nando Eggenberger, der früher die HCD-Farben trug, von einem Traumlos spricht, bleibt Gross gelassener: «Mir spielt es nicht so eine Rolle, wer der Gegner ist. Wichtig ist, dass wir uns auf uns fokussieren und uns auf unsere Stärken konzentrieren.»

 

Die Defensive als Schlüssel zum Erfolg
Viele Experten sehen den EVZ – übrigens mit den früheren HCD-Akteuren Leonardo Genoni, Gregory Hofmann, Dario Simion, Fabrice Herzog (allesamt aktuelle Schweizer Nationalspieler) sowie schon erwähnt Eggenberger – im Playoff-Viertelfinal zumindest in einer leichten Favoritenrolle. Kein Team schoss in der Qualifikation mehr Tore als die Innerschweizer (173). Und sie trafen in jedem vierten Powerplay. Dennoch sagt Gross bestimmt: «Die Zuger sind bezwingbar. Wir müssen 100 Prozent bereit sein, 100 Prozent Einsatz und Kampfgeist geben. Ich bin mir sicher, dass der EVZ für die Playoffs bereit ist. Deshalb liegt es an uns, ebenfalls parat zu sein. Wir wollen Vollgas geben und viel Siegeswille sowie totalen Einsatz ausspielen. Dann ist die Serie offen.» Den Schlüssel zum Erfolg ortet Gross in der Defensive. «Wir müssen defensiv solid und aggressiv auftreten und einfach spielen. Dann kommt der Rest von allein.» Auf hart umkämpfte Duelle deuten die Direktbegegnungen in der Qualifikation hin. Jede Mannschaft gewann je einmal zuhause und auswärts, der HCD mit 6:2 (a) und 3:2, der EVZ mit 4:1 (h) und 5:4 nach Penaltyschiessen (a).

 

Der Start zur Best-of-Seven-Serie erfolgt heute Abend um 20 Uhr in Zug. Am Sonntag hat der HCD erstmals Heimrecht. Beide Mannschaften hatten nach dem Ende der Qualifikation eine 13-tägige Wettkampfpause. «Nach 52 Qualifikationsspielen tat die Pause für den Kopf und den Körper zweifellos gut, für den HCD ohnehin, weil wir bekanntlich zwischen Weihnachten und Neujahr auch noch den Spengler Cup bestritten», bemerkt Gross. «Jetzt müssen wir aber achten, damit wir möglichst schnell wieder den Spielrhythmus finden.» Die paar trainingsfreien Tage in den beiden letzten Wochen nutzte der Verteidiger zur Heimkehr ins Engadin, «um Familie und Freunde zu treffen und den Kopf vom Eishockey etwas zu lüften. In den Trainings hingegen legte uns der Coachingstaff den Fokus auf Aspekte, die noch verbessert werden mussten. Es war ein guter Mix zwischen ‹weg vom Hockey› und nochmals gut trainieren.»

 

In Kanada von den «Rangers» gedraftet
Gross wuchs in Pontresina auf und lernte beim EHC St. Moritz das Eishockey-ABC. Als 14-Jähriger wechselte er in die Hockey Akademie des EV Zug, weil ihn das Ausbildungsgesamtpaket mit Eishockey und Schule, in seinem Fall KV-Lehre, überzeugte. 2017 folgte für drei Jahre im wahrsten Sinn des Wortes der Sprung ins kalte Wasser über den grossen Teich nach Nordamerika zu den Oshawa Generals. «Ich machte in Kanada mega gute Erfahrungen», stellt Gross rückblickend fest. «Ich kam in eine super Gastfamilie und im Eishockey in eine super Team-Organisation.» Der Bündner entwickelte sich persönlich weiter, in der weltbesten Eishockey-Juniorenliga aber auch sportlich. Und wie! 2018 wurde Gross im NHL-Draft in der vierten Runde von den New York Rangers gezogen. Mit dem Ausbruch der Pandemie ging für ihn im Frühjahr 2020 das Nordamerika-Abenteuer jedoch zu Ende. Gross kehrte zum EV Zug zurück, eroberte sich auf Anhieb einen Stammplatz und absolvierte parallel mit Erfolg sein abschliessendes drittes Lehrjahr in der KV-Ausbildung.

 

Im letzten Frühling suchte Gross nach seiner langen Zuger Zeit eine neue Herausforderung. Fündig wurde er in Davos. HCD-Headcoach Josh Holden kannte der Verteidiger aus gemeinsamen EVZ-Zeiten. Weiter spürte er in den Gesprächen mit den HCD-Verantwortlichen das Vertrauen, «dass sie mich unbedingt wollten.» Nach der ersten Regular Season mit Davos spricht Gross in einer persönlichen Analyse von «Ups und Downs; ich hatte zum Teil gute Phasen, dann wieder weniger gute. Ich muss weiter an meiner Leistungskonstanz arbeiten.» In seinen 48 Qualifikationsspielen buchte er acht Assists. Auf seinen ersten Meisterschaftstreffer in den Davoser Farben wartet Gross noch. Umso schöner wäre für ihn ein solcher nun in den Playoffs ausgerechnet gegen den EV Zug.

 

MEN       NICO GROSS

 

Im vergangenen Oktober haben wir Nico Gross bei einem Training verkabelt. Schaut und hört rein!