
Zwischen Genie und Wahnsinn
24.9.2024, 11:00
Seine genialen Streiche können entscheidend sein – wie beim 3:2-Sieg des HCD gegen Genf-Servette am letzten Samstag in der Verlängerung. Seine zu riskanten Pässe und taktischen Undisziplinierten können Trainer aber auch zum Wahnsinn treiben. Der finnische Eishockeyprofi Julius Honka polarisiert.
«Ich liebe Eishockey, und Davos ist ein Eishockeyparadies», sagt Julius Honka. «Der HCD ist ein grosser Klub. Jeder, der sich für Eishockey interessiert, kennt seine lange, grossartige Geschichte. Für mich ist es der richtige Ort.» Seit bald zwei Monaten lebt Honka mit seiner Frau und seiner zweieinhalbjährigen Tochter nun in Davos. In dieser Zeit hat der 28-jährige Finne noch etwas anderes kennen und schätzen gelernt: «Davos ist auch für eine Familie ein idealer Ort.»
Finnen gelten allgemein oft als etwas verschlossen, geprägt von den sehr langen, dunklen Winternächten im hohen Norden Europas. Honka ist im Gespräch unkompliziert, offen. Er macht aus seinen Ambitionen und Zielen keine Mördergrube. So bemerkt er etwa, er habe im Sommer zuhause in Finnland hart trainiert, «damit ich mich beim HCD von meiner besten Seite zeigen kann und wir als Mannschaft den grossartigen Fans zeigen können, dass wir ein wirklich gutes Team sind. In Davos sind alle nahe beisammen. Der HCD ist eine grosse Familie; das passt mir.»
Honka kannte den HCD bereits – aus der letzten Saison allerdings nur als Gegner. Der 1,81 Meter grosse und 84 Kilogramm schwere Verteidiger spielte letzte Saison für den SC Bern und phasenweise als Leihgabe für den HC Genf-Servette, mit dem er die Champions League gewann. Zudem sammelte er als Verstärkungsspieler von Ambri-Piotta erste Erfahrungen am Spengler Cup.
Ein NHL-Erstrunden-Draft
Honka war im Juni 2014 im NHL-Draft von den Dallas Stars in der ersten Runde gezogen wurden. Ein knappes halbes Jahr zuvor hatte er an der U20-Weltmeisterschaft mit Finnland Gold gewonnen. Für die Dallas Stars bestritt er zwischen 2016 und 2019 87 Partien in der NHL. Nach seiner Rückkehr nach Europa erreichte Honka 2021/22 mit dem schwedischen Spitzenteam Lulea den Champions-League-Final. In der folgenden Saison totalisierte er in diesem europäischen Klubwettbewerb die beste Plus-/Minusbilanz, worauf ihn der SC Bern in die Schweiz lockte. Der offensiv ausgerichtete Verteidiger mit auffallenden läuferischen und stocktechnischen Qualitäten, einer guten Spielübersicht und einem ausgezeichneten Schuss passte jedoch nicht ins Konzept von SCB-Trainer Jussi Tappola. Dieser bemängelte Honkas taktische Disziplin und zu grosse Risikofreudigkeit.
Matchwinner gegen Genf-Servette
HCD-Sportchef Jan Alston ist hingegen von Honka überzeugt: «Julius passt genau in das von uns gesuchte Spielerprofil.» Eindrücklich bewies der finnische Verteidiger seine Qualitäten am Samstag im Heimspiel gegen Genf-Servette. Zunächst lenkte Honka zwar noch unglücklich und unverschuldet den Puck nach einem gegnerischen Schuss ins eigene Tor ab. Später leitete Honka mit einem präzisen Steilpass auf den Torschützen Filip Zadina das wichtige 2:2 ein. Und in der Verlängerung erzielte der Finne gleich selber den Siegtreffer zum 3:2, indem er in die Offensive vorprellte und Servettes Goalie Robert Mayer gekonnt versetzte.
Text: Davoser Zeitung/Hansruedi Camenisch Foto: Maurice Parrée